Kommissions-Vorschlag missachtet Vorsorgeprinzip und Recht auf Wahlfreiheit einer gentechnikfreien Ernährung
Am 5. Juli 2023 hat die EU-Kommission ihren Entwurf zur Deregulierung der Neuen Gentechnischen Verfahren im Pflanzenbau veröffentlicht. Der Entwurf ist aus verschiedenen Gründen klar abzulehnen:
Missachtung des Vorsorgeprinzips:
Es sollen gentechnisch veränderte Organismen ohne Risikoprüfung in Umwelt und auf die Teller kommen, deren langfristige Wirkungen weder erforscht sein können noch überhaupt erforscht werden sollen. Dies ist unverantwortlich gegenüber der aktuellen, besonders aber auch der zukünftigen Gesellschaft. Auch wenn die Gentechnik-Befürworter behaupten, die Pflanzen seinen mit denen aus herkömmlicher Züchtung gleichzusetzen, bleibt es ein gentechnischer Eingriff, der etwas anderes bewirkt als die in der Pflanze selbst möglichen Veränderungen.
Koexistenz ist nicht geregelt:
Gentechnisch veränderte Pflanzen bleiben im Ökolandbau zwar weiterhin verboten, doch ist in keiner Weise geklärt, wie eine gentechnikfreie Landwirtschaft von einer ansonsten Gentechnik verwendenden Landwirtschaft getrennt bleiben soll. Weder die unvermeidliche Auskreuzung im Freiland noch die mögliche Kontamination in Land- und Lebensmittelwirtschaft werden durch die Kennzeichnung auf Saatgutverpackungen verhindert. Eine Haftungsregelung für dadurch verursachte wirtschaftliche oder gesundheitliche Schäden kommt im Entwurf erst gar nicht vor und das Verursacherprinzip ist somit ausgehebelt. Geschädigte bleiben auf den Kosten sitzen. Selbst wer Maßnahmen zum Schutz vor einer möglichen Schädigung ergreift, muss diese somit komplett selbst tragen. Wer zudem die Gentechnikfreiheit seiner Produkte garantieren will, muss dies mit hohem Kostenaufwand selbst nachweisen.
Wahlfreiheit ist nicht mehr gegeben:
Da Produkte nicht mehr als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssen, haben Konsument:innen keine Chance mehr auf Wahlfreiheit. Auch wenn in der Ökolandwirtschaft die Verwendung gentechnisch veränderter Produkte weiterhin verboten bleibt, gibt es für die meisten Verbraucher:innen in Europa keine Möglichkeit mehr, sich gegen eine gentechnisch veränderte Nahrung zu entscheiden. Das kommt einer Entmündigung gleich. Auch sollen nationale Regierungen den Anbau nicht verbieten oder einschränken dürfen, Beschlüsse zur Einrichtung gentechnikfreier Zonen wären nicht mehr wirksam.
Patentierung wird die Regel:
Die Neuen Gentechnischen Verfahren sind direkt verknüpft mit Patenten, was zu einer weiteren Konzentration auf dem Saatgutmarkt führen wird. Auch wenn vielleicht noch frei gezüchtet werden kann, greift der Patentschutz auf einzelne Genomsequenzen spätestens bei der Vermarktung neuer Sorten. Kleinere und mittlere Züchtungsunternehmen werden die Verlierer sein und verschwinden – oder in Abhängigkeit geraten. Auch für Landwirt:innen wird sich die Patentierung von Genomsequenzen in einer weiteren Abhängigkeit von multinational agierenden Konzernen auswirken. Die in Europa noch weitgehend existierende bäuerliche Landwirtschaft wird dadurch massiv geschädigt.